Die Geschichte des Uplands
Die Gemeinde Willingen (Upland) besteht aus neun früher selbständigen Orten, die im Rahmen der kommunalen Neugliederung am 01.01.1974 zur Großgemeinde Willingen (Upland) zusammengeschlossen wurden.
Der Namenszusatz "Upland" weist auf die alte Bezeichnung für diese Gegend hin und bedeutet "Oberland", das hochgelegene Land. Mit je 843 m über NN sind der Hegekopf und der Langenberg die höchsten Erhebungen in Nordhessen und dem benachbarten westfälischen Sauerland. Diese Höhenlage hat seit jeher Land und Leute geprägt.
Es ist nicht bekannt, wann diese einst rauhe und kalte Gegend erstmals besiedelt worden ist. Aus verschiedenen Fundstücken (Faustkeil, Steinbeil usw.) kann man ersehen, dass vor unserer Zeitrechnung schon Menschen hier gelebt haben und als Sammler und Jäger durchs Land gezogen sind. Eine echte Besiedlung dürfte aber erst eingesetzt haben, als die Völkerwanderung (4. bis 6. Jh. n. Chr.) zur Ruhe kam. Die große Ringwallanlage der Schwalenburg (bei Schwalefeld) deutet auf diese Besiedlung hin. Aber auch die vorchristliche Wallanlage auf dem Hegeberg (ebenfalls bei Schwalefeld) zeigt die Anwesenheit von Menschen zu dieser Zeit.
Es waren zunächst kleinere Gruppen (Sippen), die sich hier niederließen, in einfachen Behausungen wohnten und überwiegend von der Viehhaltung lebten. Ortschaften im heutigen Sinne gab es erst später. Die frühe Kirche im Ortsteil Usseln ist ein wichtiger Hinweis auf die Besiedlung. Das Upland gehörte damals zum sächsischen Ittergau und ist damit altes Sachsenland. Das erkennt man auch an der niederdeutschen Mundart, die hier noch gesprochen wird.
Nach der Christianisierung der Sachsen durch Karl den Großen wurde um 870 n. Chr. die erste Kirche in Usseln errichtet. Im Upland entstanden zunächst kleinere Ansiedlungen, von denen aber viele im mittelalterlichen Wüstungsprozess (14./15. Jahrhundert) wieder aufgegeben wurden. Übrig blieben die Orte Bömighausen, Eimelrod, Hemmighausen, Neerdar, Rattlar, Schwalefeld, Usseln, Welleringhausen und Willingen, die heute die Großgemeinde Willingen (Upland) bilden.
Das frühere Leben im Upland war geprägt von harter Arbeit und bitterer Armut. Wegen der Höhenlage und den damaligen Gegebenheiten war die Landwirtschaft ertragsarm. Hinzu kamen die ungünstigen Witterungsbedingungen mit Schnee von November bis April. Es gab oft Hungersnöte. Diese Verhältnisse formten den Menschenschlag. Karg die Landschaft, derb die Menschen, das gehörte wohl zusammen.
Der Dreißigjährige Krieg war für das Land eine Katastrophe. Durch Kriegsereignisse und schwere Pestepidemien ging die Bevölkerungszahl um etwa 2/3 zurück. Der größte Teil der Häuser wurde zerstört. Das Upland brauchte viele Jahrzehnte, um sich wieder zu erholen.
Eine kleine Verbesserung der Lebensverhältnisse brachte die Eisenindustrie im 16. bis 18. Jahrhundert. Der Waldreichtum im Upland veranlasste die Waldecker Grafen, Eisenhütten zur Eisenerzeugung und Hämmer für die Verarbeitung des Eisens anzulegen. Das benötigte Eisenerz wurde aus dem Raum Adorf mittels Pferdefuhrwerken angefahren. Die Eisenverhüttung hatte den Nachteil, dass die vorhandenen Wälder rigoros abgeholzt und zu Holzkohle verarbeitet wurden. Die in den Hämmern und Schmieden entstandenen Kleineisenwaren (Nägel, Hämmer, Zangen, Äxte, Beschläge aller Art usw.) wurden von den Menschen im Wanderhandel bis hin nach Holland, Österreich und Polen verkauft.
So entstand der Berufszweig der Upländer Handelsleute, die noch im vorigen Jahrhundert, dann aber überwiegend mit Erzeugnissen aus Leinen (Linnenkerle), zu Hunderten übers Land zogen und Geld nach Hause brachten. Es entwickelte sich im Lauf der Zeit ein weltoffener Händlergeist, der für die weitere Entwicklung des Uplandes wichtig war. Im 19. Jahrhundert zogen viele Bewohner in das aufstrebende Industriegebiet an Rhein und Ruhr, weil sie hier im Gegensatz zum Upland Arbeit finden konnten.
Das Upland gehörte bis 1918 zum Fürstentum Waldeck und war danach bis 1929 Freistaat. Dann folgte der Anschluss an Preußen (Regierungsbezirk Kassel). Der eigentliche wirtschaftliche Aufschwung begann aber mit dem Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz Anfang des 20. Jahrhunderts, verbunden mit dem allmählich einsetzenden Fremdenverkehr, der heute nun der überragende Wirtschaftsfaktor ist.
Eine sehr schöne Mittelgebirgslandschaft, eine vortreffliche Gastronomie, ausgezeichnete Freizeiteinrichtungen und eine aufgeschlossene Bevölkerung haben die Gemeinde Willingen (Upland) zu einer weit bekannten Hochburg des Fremdenverkehrs werden lassen.